Heute morgen schießen mir meine Gallensäfte wie entgleiste Züge durch meinen Körper. Handlungen haben Konsequenzen. Immer. So ignorierte ich gestern meine innere Mahnungen und stellte sie zwischen die Konservendosen, der Hafermilch und dem Gewürzgurkenglas ab. Dabei griff ich zielsicher die Weinflasche aus dem Vorratsschrank. Nur ein Glas, log ich mir dabei fett in die Tasche.
Natürlich überhörte mein dröhnender Kopf nach einer Flasche Wein heute früh den Weckruf.
Inzwischen eilen meine Sneakers über die Einkaufsstraße. Käthe, meine Bulldogge schnauft im Schlepptau hinter mir her. Wir absolvieren beide ein Speed Walking durch die Fußgängerzone. Unsere Atmung gleicht einem Dampfkessel, der kurz vor der Explosion steht. Während wir weiter an Leuten vorbei hasten, mitten ins frische Kaugummi, durch den Kaffeegeruch, vorbei an dem Lachen eines Kindes, durch einen Schwarm Möwen, jagt mir ein weiterer Gedanke durch den Kopf. Ich muss unbedingt mehr Sport machen. Meine Atemnot stoppt abrupt unsere Speed Walking Einheit. Käthe und ich röcheln im Zweivierteltakt. Gierig inhaliere ich Sauerstoff. Er ist durchmengt mit städtischer Morgenluft, Röstkaffee, Uringeruch aus den Asphaltecken und einem Hauch von Jil Sander. Dieser holt mich und meine Atmung runter.
Auslassungslüge
Zeitgleich setzten die Erinnerung an gestern Abend lebendig ein. Der Streit, die Vorwürfe, die Lüge, der Wein. Es war gestern Abend ja nicht der Fall, dass ich meiner Partnerin eine Affäre gebeichtet hätte. Dennoch löste meine Flunkerei einen heftigen Konflikt aus. Dabei hatte ich vorgestern nur unser abendliches Abendessen abgesagt. Ich hatte mich dabei einer kleinen Notlüge bedient. Ich wollte keine Diskussionen und Erklärungen abgeben. So erzählte ich ihr am Telefon, ich sei heute zu müde für ein Treffen. Die Verabredung mit Paul ließ ich in meiner Erklärung einfach weg. Im Grunde genommen hatte ich nur etwas ausgelassen, als Lüge kann dies nicht angesehen werden, oder?
Lügen haben kurze Beine
So saßen wir einen Tag später und holten unser gemeinsames Abendessen nach. Als sie mich unerwartet fragte: „DUUuu, wie war dein dein Abend gestern noch?“ Ihre Betonung hätte mich hellhörig machen müssen. „Super, ich war noch bei Paul,“ rutschte es mir raus. „Du hast unsere Verabredung gestern Abend abgesagt, um dich mit Paul zu treffen?“ Schlagartig wurde mir klar. Meine Flunkerei von gestern war damit zu einer Eintagsfliege unter den Flunkereien mutiert. Direkt nach 24 Stunden von der Wahrheit erschlagen. Da lag sie mitten auf dem Abendbrottisch zwischen Pasta und begrub die Hoffnung auf einem harmonischen Abendausklang zu zweit.
„DEM Paul, der mich nicht leiden kann? Du sagtest du seist müde“. Ihre Gefühle ließen ihre Stimmbänder leicht vibrieren. „Ja, das war auch so, Paul hat mich zu einer Jamsession überredet.“
Flunkerei, der Harmonie wegen?
Entgeistert starrte sie mich an. „Überredet? Du bist unglaublich,“ mit diesen Worten stand sie auf, rückte ihre Position samt meine Wahrnehmung ins rechte Licht. Mein schlechtes Gewissen versuchte derweil, unter den Teppich Platz zu finden. Dabei nahm es auch gleich meine Stimme mit. Ich schluckte heftig, bekam jedoch keinen Ton heraus. „Du bist so ein Lügner“ mit diesen Worten schlug sie Tür zu meiner Wohnung ins Schloss.
Laut diverser Statistiken lügen wir circa 200 mal am Tag. Ohne kleine Flunkereien kann es sehr ungemütlich in unserer Gemeinschaft werden. So ist die Lüge auch ein Klebeband der Verträglichkeit und sozialen Gemütlichkeit. Inzwischen bin ich mir da nicht mehr sicher, denn Lügen haben kurze Beine. Die Wahrheit lautet Flunkerei ist eine beschönigende Formulierung, um die Tatsache zu verschleiern, dass sich hinter einer Flunkerei auch eine fette Lüge verbirgt.
Nichts als Ausreden
Inzwischen haben Käthe und ich meinen Arbeitsplatz erreicht. Ein gutgelaunter Paul steht grinsend am Kaffeeautomaten. Während ich mir einen Espresso bereite, erzähle ich vom gestrigen Desaster. „Du warst einfach zu dumm und hast dich erwischen lassen.“
Seine Reaktion lassen meine Gallensäfte erneut tanzen, leichte Schaumkronen von Wut branden dabei an meinen Gaumen. Dabei halte ich die wüsten Beschimpfungen, wie einen prall gefüllten Plastikball unter Wasser, zurück. Leider passiert mir es öfter, dass ich spontan meine Gedanken ausspreche. Unkontrolliert und ungefiltert regnen dann Wortfetzen in den sozialen Raum, ähnlich dem Erbrechen nach einer Flasche Wein. Es ist schier unmöglich, diese Vorgänge im Fluss zu stoppen.
Wer einmal lügt…
Wie durch ein Wunder, gelingt es mir mit enormer Kraftanstrengung, den Ball weiter unter Wasser zu drücken. Ich mag Paul gerade genauso wenig wie meine Freundin ihn. Mein Smartphone vibriert und rettet mich vor einem Wortschwall samt Wutausbruch.
“ Wir müssen reden“ ihre Nachricht kurz, knapp und unmissverständlich.
Meine Antwort ausweichend, feige und unüberlegt.
„Ich weiß nicht, ob ich es heute schaffe. Auf Arbeit ist viel liegengeblieben.“
„Viel Spaß mit Paul.“
Ein altes deutsche Sprichwort geht mir durch den Kopf:
„Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht und wenn er auch die Wahrheit spricht.“
Nach Feierabend klingele ich an ihrer Haustür. Blumen in der einen Hand, Käthe in der Anderen. Gelingende Beziehungen bauen auf ein Fundament der Ehrlichkeit auf und der Bereitschaft zu kommunizieren, Probleme miteinander zu reflektieren und Fehler einzugestehen.
Die Wahrheit kann schmerzhaft sein, dich befreien, manchmal verursacht sie Schmerz. Öfter ist sie unbequem oder kaum auszuhalten. Es gibt nachvollziehbare Motive, warum wir Lügen benutzen. Im folgendem Artikel widme ich mich der Selbsttäuschung und dem Selbstbetrug.
Deine Selbsttäuschungen zu erkennen, birgt ein riesiges Potenzial für deine persönliche Veränderung, deinen emotionalen Wachstum und bereichert deine Beziehungen.
Motive für Lügen
- Vorteil erwirken
- Emotionale Überforderung
- Falschen Eindruck erzeugen
- Schutz (Privatsphäre, Selbstbewusstsein, Körper, Intimität)
- Höflichkeit, Anteilnahme, Respekt
- Zwietracht säen
- Harmonie
- Notlüge
- Zwecklüge, vorsätzliche (dissoziale) Lüge
- Zwanghafte, pathologische Lüge
- Ausrede
Früh übt sich, wer ein Lügner werden will. Verdrehte Wahrheiten haben mich schon durch die Kindheit begleitet. Der Storch, der die Kinder bringt, der Weihnachtsmann, der durch den Schornstein rutscht oder Eltern, die sich lieben, obwohl täglich die Fetzen fliegen.
Münchhausen World?
Aktuell streuen uns Fake News falsche Informationen wie Sand in die Augen. Gerne gehen wir der Lüge der sozialen Gerechtigkeit auf den Leim. Gerne glauben einige Menschen daran, dass nur die inneren Werte zählen und wir alle gleich sind. Doch wie viele Bären du dir aufbinden lässt, ist natürlich auch deine Entscheidung. Sie liegt in deiner Verantwortung, externe Informationen, Nachrichtenquellen, Inhaltsangaben zu überprüfen und nicht unverdaut zu konsumieren.
In diesem Artikel will ich dir nichts vom Pferd erzählen. Bei anderen Menschen erkennen wir schnell den Selbstbetrug. Wie kleine Spürhunde erschnüffeln wir die Diskrepanzen zwischen Gesagtem und Gelebtem. Nur der eigener Geruch scheint blumig, bis er anfängt zu stinken.
Ist deine Zeit für einen Perspektivwechsel reif?
5 typische Anzeichen von Selbstbetrug
- Du sagst Ja, um keinen Konflikt zu riskieren?
- Du vermeidest eine ehrliche Aussage, aus Angst jemanden damit zu verletzen ?
- Du benutzt eine Ausrede, um eine Verabredung abzusagen?
- Du hast Probleme Nein zu sagen, dadurch wird deine Hilfsbereitschaft ausgenutzt?
- Dir geht es schlecht, während du deinem Umfeld versicherts, alles ist in Ordnung?
Vielleicht bemerkst du am Ende deines Studiums, du hast nur für deine Familie deinen Abschluss gemacht. Eigentlich wolltest du nach dem Abitur eine Work and Travel Tour durch die Welt unternehmen. Oder du lebst in einer Partnerschaft, in der du dich nicht respektiert fühlst. Doch deine Angst vor dem Alleinsein hält dich zurück, deinen Partner zu verlassen? So schlimm ist er nun auch wieder nicht. Auch ist es möglich, du fühlst dich zunehmend erschöpft und hoffnungslos. Dabei mimst du nach Außen, den gut gelaunten Vater, Kollegen und Freund.
Doch gerade das Ignorieren und Bagatellisieren von Gefühlen, Gedanken und Symptomen, werden deine Probleme nicht lösen. Verdrängung oder Verleugnung von Symptomen verhindern deinen Genesungsprozess. Noch schützt dich deine Verleugnung, um anstehende Veränderungsprozesse nicht beginnen zu müssen. Doch es kostet deinen Organismus, deine Seele, deinen Geist viel Kraft und verschwendet deine Ressourcen, um zufriedener zu leben.
Selbsttäuschung, Schutz vor der Wahrheit
Ich log mir lange selber in die eigene Tasche. Wenn die zu klein wurde, nahm ich einen Koffer, dann einen Sack. Viele von uns wissen, dass in diesem Sack nicht unsere Traumleben steckt. Den Sack verschlossen zu halten, kostet viel Energie. Dabei überschätzen wir unserer Kompetenzen, unterschätzen unsere Fähigkeiten, muten uns oft zu viel zu. So polieren wir unser Image, verschönern die Fassade, präsentieren unseren Status und verschleiern ein wenig unsere Realität und die Wahrheit.
So lange deine Selbsttäuschung funktioniert, wirst du deine Realität durch Wunschbilder ersetzten müssen.
Es bedarf Mut, Unterstützung und Durchhaltevermögen sich deinen eigenen, inneren Wahrheiten zuzuwenden. Dies ist notwendig, um deine Veränderung im Leben zu beginnen. Ich lebte lange in Selbstbetrug, um mich nicht mit den Schatten meiner Vergangenheit zu konfrontieren. Diese Angst hielt meine Selbsttäuschungen lange aufrecht. Doch jener Schutz war eine Illusion. Denn mein Leben erblühte erst mit diesen schmerzhaften Prozess. Er führten mich auf heilsame Wege. So bin ich auch zum Schreiben und damit zu dir gelangt.
Das freut und erfüllt mich sehr.
Einige Impulse, die mich dabei unterstützt haben, Wege aus der Selbsttäuschung zu finden habe ich dir in der unteren Liste zusammen gestellt. Bei weiteren Fragen kontaktiere mich gerne.
Wege aus der Selbsttäuschung
- Stelle dir gezielte Fragen, z.B. wenn ich nur noch zwei Jahre zu leben hätte, was würdest ich sofort tun?
- Was hindert dich aktuell an dieser Veränderung?
- Was braucht es für diese Veränderung?
- Welche Ängste, Gedanken, Glaubenssätze begleiten deinen Alltag?
- Gehst du einer deiner Leidenschaft nach?
- Welche Ereignisse aus deinem Leben hast du nicht verarbeitet?
- Was denkst du, über Leben und warum?
- Finde Abstand von deinem Alltag
- Wie und wo möchtest du in zwei Jahren leben?
- Welche Bereiche in deinem Leben fühlen sich nicht harmonisch an?
- Welche Bereiche und Menschen bereichern dein Leben? Mehr davon!!!
- Hast du Probleme Nein zu sagen?
- Redest du dir Dinge schön?
- Verharmlost du Symptome, Beziehungen und Umstände?
- Bist du oft erschöpft oder überfordert?
- Kannst du zu deinen Gefühlen stehen?
- Spürst du dich und deine Bedürfnisse?
- Was müsste sich in deinen Leben verändern, damit du zufrieden sein kannst?
- Kannst du Ja zu dir sagen?
Deine Antworten können dir dabei helfen, ob deine Zeit reif ist, dich oder Bereiche in deinem Leben aktiv zu verändern. Oft betrifft die Selbsttäuschung nur einen Bereich oder eine Facette. Manchmal sind es kleine Dinge, die deinen Alltag verändern können. Umso wichtiger wird es für dich sein, konkret herauszufinden, woran du die Veränderung bemerkst.
Willst du weniger Ja sagen, wenn du um einen Gefallen gebeten wirst ? Denn könnte der Weg sein, an deinem Selbstbewusstsein zu arbeiten, um mutiger deine Wünsche und Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen.
So wird dein NEIN ein JA zu dir!
Alle Veränderung setzten auch deine Selbstreflektion voraus. Die Bereitschaft, aktiv in den Prozess zu investieren. Er kostet Zeit, Verständnis und Geduld. Doch dein Investment wird dich in liebevollere Beziehungen, zufriedeneres Erleben und in deine eigene Balance führen. Ich bereue nichts.
Wenn du auf deinem Weg Unterstützung suchst, kontaktiere mich unverbindlich über mein Kontaktformular. Ich melde mich zeitnah, damit wir zusammen schauen, wie ich hilfreich für dich und deinen Weg sein kann.
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